Toxischer Umgang, gegenseitige Beschimpfungen und anderweitige Erscheinungen sind im Internet keine Seltenheit. Oder gar neu. Im Gegenteil. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass durch Corona die generelle Sprachkultur unfassbar vergiftet wurde. Aber wem erzähle ich das. Du kennst es sicherlich auch right? Ich stell mir jetzt einfach mal gedanklich vor du das mir nickend zustimmst.
Nun. Wir haben so unsere Erfahrungen mit GT3´s gemacht. Über einige Situationen haben wir auch auf unserem Instagram Kanal gesprochen. Stellenweise gibt es sogar Szenen darüber. Warum manche GT3 Fahrer so fahren wie sie fahren erschließt sich uns nicht. Aber nach etlichen Multiclass-Langstrecken Rennen müssen wir leider festhalten: GT3 ist halt GT3.
Aber wir wollen nicht alle über einen Kamm scheren. Wie das nämlich auch anders aussehen kann, haben alle GT3 Piloten und Teams beim 1. Lauf der DSRC Endurance 2023 in Silverstone gezeigt. Wir haben zwar schon mehrmals Danke und euch Respekt ausgesprochen, doch wir werden nicht müde es zu wiederholen: Danke!
Gleichzeitig haben wir als noch junges TCR Team noch Baustellen. Gott sei Dank. Wenn man nämlich alles könnte, wäre es ziemlich langweilig. Also für uns zumindest. Wir haben einen gewissen Erfahrungsnachteil. Diesen Nachteil kann man bis zu einem gewissen Grad mit Replay-Analysen kompensieren. Jedoch nicht komplett. Wir fahren relativ viel Langstrecke und in allen Fällen sind es Multiclass Rennen. Bedeutet, dass nicht nur wir im TCR auf der Strecke fahren, sondern auch Teams in GT3´s, GT3 Cup´s und GT4´s. Das große Stichwort worum es in diesem Artikel geht ist der Begriff „Traffic-Management“. Jetzt wird vielleicht der ein oder andere sagen: „Ja gut Verkehrsmanagement…was soll das sein?“ Damit ist gemeint, wie man sein Wettbewerbsfahrzeug im Überrundungsverkehr bewegt und am besten so positioniert, dass man möglichst wenig Zeit verliert und gleichzeitig im Rennen bleibt. Soweit die Theorie. In der Praxis gestaltet sich das mitunter schwierig. Warum? Nun. In der Regel kommt ein GT3 selten alleine. Die treten, genauso wie wir TCR´ler, im Rudel auf. Und wenn mehrere GT3´s direkt hintereinander auf uns auflaufen, dann wird das sehr oft sehr eng. Und manchmal führt dies zu Unfällen. Diese gilt es erstmal zu vermeiden. Was aber auf der selben Stufe steht (im negativen Sinne) ist der Zeitverlust. Zweikämpfe kosten Zeit und das weiß jeder. Überrundungen jedoch noch mehr! Und dieses Wissen, also wann, wie und wo man überrundet wird, kann man trainieren. Also jedenfalls so ein bisschen. Für TCR und GT4 Teams ist das Traffic-Management elementar wichtig. Oft verliert man genau bei solchen Situationen die Zeit, die am Ende des Rennens über Sieg und Niederlage entscheiden.
Wir sind jetzt seit circa 9 Monaten mit vollem Fokus in der TCR Klasse aktiv. Und ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster wenn ich sage, dass wir in dieser kurzen Zeit schon ganz gute Schritte nach vorne gemacht haben. Doch wie in jeder Sportart und für mich als Teamchef noch mehr, ist es wichtig Defizite zu identifizieren, zu analysieren und sich Gegenmaßnahmen auszudenken. Also wie löse ich dieses Problem? Wie löse ich die mangelnde Erfahrung in der TCR Klasse mit Bezug auf Traffic-Management? In dem man nicht auf GT3 Teams schimpft (ganz allgemein!), sondern pro-aktiv auf ein GT3 Team zugeht. Frage: Interesse an Training mit Schwerpunkt Traffic-Management? Antwort kam am selben Tag – Sind dabei!
Und so wars dann auch. Die Piloten von M&J Downforce kennen wir bereits seit 2 Jahren aus dem ADAC Simracing Cup. Aktuell fährt man gemeinsam in der DSRC Endurance. Mein Gedanke war relativ simpel und kein Hexenwerk. Wir stehen als TCR im Weg – wissen wir. Die meisten GT3 Piloten wissen nicht wie man mit TCR umgehen soll – spekulativ. Ich frag die jetzt einfach mal. Mehr als nein sagen können sie nicht. Doch sie sagten nicht nein. Sie sagten ja. Kurze PN´s über Instagram, Handynummern ausgetauscht und via WhatsApp kurzgeschlossen. Tag, Uhrzeit, Servername, Serverpasswort und Fokus auf Traffic-Management waren die Hard Facts. Passt perfekt war die Antwort von M&J Downforce.
Gestern fand es dann also statt. Das erste gemeinsame Training von zwei unterschiedlichen Teams. M&J Downforce mit vier AMG GT3s und wir von CARLAR esports mit 5 TCRs.
Weil das für beide Teams komplett neu war, waren die ersten 20 Minuten Warm Up. Doch irgendwann waren alle Piloten im Flow und was dann kam, war für uns und für sie, ziemlich krass. Alle Piloten gingen an die Grenzen. Training und ausprobieren damit es im Wettbewerb passt. Wir machten uns extrem breit. Stellenweise war es 6-wide! 2-Wide kann jeder (hehe). Manchmal knallte es auch. Was aber gut war. Warum? Nur so weiß man, was geht und was nicht geht.
Nach ungefähr 60 Minuten merkte man förmlich, dass jeder Fahrer voll im Fokus war. Die Big Boys nahmen Anlauf. Überholten uns. Fuhren noch 3 Kurven mit Knallsgas weiter und fuhren dann rechts ran. Bis wir im 5er Train an ihnen vorbei gezogen sind. Kurz 10 Sekunden Abstand aufbauen und dann das gleiche nochmal. Für uns hat dieses System gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen das harte Traffic-Management mit gleichzeitig laufenden Positionskämpfen. Geht ja immer noch darum, auch im Training, der schnellste TCR zu sein. Da werden dann gerne auch mal die ganz harten Ellenbogen ausgefahren. Die andere Fliege war, dass wir diese Gesamtsituation kreiert haben. Also Überrundungen auf der einen Seite und Positionskämpfe auf der anderen Seite. Das wir im Discord uns gegenseitig angestichelt und in positivster Art und Weise „gedisst“ haben, versteht sich von selbst. In solchen Situationen entstehen bei uns ganz wunderbare Wortdefinitionen die wir jedoch nicht öffentlich preisgeben können. Was ich euch aber sagen kann ist, dass wir unfassbar hart gelacht haben. An zwei Momenten habe ich alleine so hart gelacht, dass ich dachte ich fahre Sebring im Regen. Und natürlich kamen genau in diesem Moment die Jungs von M&J Downforce.
Wir ziehen jetzt mal ein kurzes Fazit. Bitte nicht als Moralapostel verstehen – bitte nicht! Es gibt unserer Meinung nach zwei Möglichkeiten mit Menschen umzugehen. Ignorieren oder pro-aktiv auf sie zugehen. Wir alle leiden massivst unter den Folgen von Corona und den aktuellen Krisen. Wir auch. Es gibt unserer Meinung nach schon genug Hass, Aggression und negative Stimmungen in Deutschland. Das wollen wir nicht auch noch in unserer Freizeit haben. Auch nicht im Simracing. Wir sind über unseren Schatten gesprungen, pro-aktiv auf ein GT3 Team zugegangen und siehe da: alle Missverständnisse lösen sie wie Magie in Luft auf. Denn nicht nur wir haben einen riesen Benifit daraus gezogen. Auch der Teamchef Jan-Philip Springob und seine Fahrer hatten eine Menge Spass. Und nicht nur das. Sie haben, für ihre Rennperspektive, ebenfalls wertvolle Erkenntnisse mitgenommen. Denn wenn ich mich jetzt einmal in die Situation eines GT3 Fahrer versuche hineinzuversetzen. Wo und wie soll ich das auch trainieren mit diesen TCR´lern?
Ich glaube (Achtung Meinung!) das dieses erste Training für alle Beteiligten eine sehr gute Zeit war. JP und ich waren uns auch direkt einig. War gut, wird wiederholt und intensiviert. Ist für sie gut und ist für uns gut. Sebring ist nämlich das eine. Nordschleife und andere Rennstrecken das andere.
Als Abschluss das Statement (mit dem Einverständnis) von Jan-Philipp Springob.
„Das hat sehr viel Spaß gemacht und wir sind froh, dass wir das mit euch zusammen machen können. Und uns hilft es ganz extrem, weil viele immer über Überrundungen meckern und sagen „oh die machen ja keinen Platz“ und so. Aber gerade bei diesen Trainings sehen wir halt mal was eure normale Linie ist. Wie schnell fahrt ihr normal durch eine Kurve. Weil tatsächlich seid ihr in langsamen Kurven gar nicht so viel langsamer wie wir. Eigentlich sogar ziemlich gleich schnell. Und das macht es für uns natürlich deutlich angenehmer zu sehen wo ihr bremst und so weiter. Wie ihr euch halt auch unter normalen Bedingungen verhaltet. Das sind ja normalerweise Dinge die man nicht trainiert. Man fährt sich zwar Stunden lang den Hintern ab und ist am Setup machen. Und am Runden drehen. Aber wenn man dann im Verkehr 5 Sekunden verliert, die holst du später auch durch bessere Rundenzeiten nicht mehr raus. Von daher ist es schon sehr hilfreich. Zum einen natürlich um Unfälle zu vermeiden. Und zum anderen, dass man das explizit trainieren kann um später weniger Zeit bei den Überrundungen zu verlieren. Danke für den Server Carsten. Den Jungs hats auch Spaß gemacht. Das machen wir jetzt regelmäßiger, sofern ihr da auch Bock drauf habt.“, so Jan Philipp Springob. Unsere Antwort Jan: „Ja haben und machen wir.“
Am Ende noch eine kleine abschließende Randnotiz. Wenn du Teammanager eines weiteren GT3 oder GT4 Team bist und diese Erfahrung mit deinem Team ebenfalls einmal machen möchtest, scheue dich nicht uns eine E-Mail oder uns über Instagram anzuschreiben. Beide Teams profitieren in gleicher Art und Weise von solch einem Trainingsansatz. Freuen uns auf deine Mail oder Instagram PN.
Viele Grüße und keep racing!